Emeritierungsfeier für Prof. Nagl


Programm und die Einladung der Emeritierungsfeier
Abendveranstaltung

Anlässlich der Emeritierung von Prof. Dr.-Ing. Manfred Nagl lud die Fachgruppe Informatik am 26.6. zu einem Festakt in der Aula 2 der RWTH ein. Es erschienen Honoratioren der RWTH Aachen, Vertreter verschiedener Verbände, Professoren vieler Universitäten, und insbesondere viele akademische Nachfahren von Prof. Nagl. Insgesamt wohnten der Veranstaltung rund 240 Gäste bei.

Das Kolloquium begann mit einigen Grußworten. Magnifizienz Rektor Prof. Schmachtenberg hob Prof. Nagls Verdienste um die Forschung hervor. Prof. Nagl hat nicht nur die Forschergruppe SUKITS ins Leben gerufen, sondern insbesondere auch den SFB 476 IMPROVE eingeworben. Dieser SFB ist ein erfolgreiches Beispiel für ein Großprojekt an der RWTH. Es ist Prof. Nagls Verdienst, eine derartige große, interdisziplinäre Forschergruppe über derart lange Zeit zu koordinieren und die erforderlichen Impulse zu setzen. Dafür ist ein hohes Maß an Fach- und Sozialkompetenz erforderlich. Prof. Nagl hat unter Beweis gestellt, dass der Prozess des Forschens planbar ist. Dafür zog Prof. Schmachtenberg das Beispiel von Columbus heran, der mit großem persönlichem Einsatz eine Expedition geleitet und zu Ergebnissen gekommen ist, die man nicht für möglich gehalten hat. Als Rektor der RWTH wünscht er sich viele derartige Expeditionsleiter, für die Prof. Nagl ein ausgezeichnetes Beispiel abgibt.

Das zweite Grußwort sprach Spektabilität Prof. Simon, der Dekan der Fakultät Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften. Er hob die atemberaubende Entwicklung der Informatik innerhalb der Fakultät seit der Berufung von Prof. Nagl im Jahr 1986 hervor. So ist die Anzahl der Professuren von anfangs 5 auf heute mehr als 20 gestiegen. Die Informatik ist eine starke Fachgruppe mit einer großen Ausstrahlung innerhalb und außerhalb der Fakultät und RWTH. Prof. Nagl hat einen großen Anteil an dieser Entwicklung. Er hatte in der Vergangenheit viele entscheidende Funktionen innerhalb der Fakultät inne, insbesondere als langjähriges Mitglied der Haushalts- und Strukturkommission. In dieser Kommission hat er die Informatik glänzend vertreten und Verständnis für ihre Anliegen geweckt. Ohne seinen Beitrag wäre der nachhaltige Aufbau der Informatik in der Fakultät nicht geschafft worden. Zudem hat Prof. Nagl maßgeblich zum Aufbau von Kooperationen über die Grenzen der Fakultät hinaus beigetragen, insbesondere zu den Fakultäten 4, 5 und 6, was sich durch interdisziplinäre Großprojekte wie dem SFB 476 und durch seine Zweitmitgliedschaft in der Fakultät 6 zeige. Die wissenschaftliche Bilanz von Prof. Nagl als Mitglied der Fakultät werde durch beeindruckende Zahlen belegt, wie die große Anzahl abgeschlossener Diplomarbeiten und Dissertationen, daraus sind 14 Professoren hervorgegangen. Im Bereich der Drittmitteleinwerbung war Prof. Nagl sehr aktiv gewesen und hat etwa 10 Millionen Euro für verschiedene Projekte eingeworben. Als Konsequenz seiner erfolgreichen Arbeit hat Prof. Nagl 1992 einen Ruf an die Universität Zürich erhalten, den er jedoch ablehnte. Auch heute schaut man aus Zürich noch aufmerksam auf die Aktivitäten an der RWTH.

Der Sprecher der Fachgruppe Informatik, Prof. Kowalewski, gab einen groben Überblick über das Wirken von Prof. Nagl innerhalb der Fachgruppe in den vergangenen 23 Jahren: Prof. Nagl hat eine Kerndisziplin der Informatik, die Softwaretechnik, in Aachen aufgebaut. In der Administration hat er alle unangenehmen Ämter ausgefüllt, wie das des Baubeauftragten, des Haushalts- und Strukturbeauftragten und das des Fachgruppensprechers. Er hat diese Ämter perfekt und mit unnachgiebiger Genauigkeit geführt. Prof. Nagl hat viele Initiativen, wie z.B. das Forum Informatik, mit ins Leben gerufen, die für die Ausstrahlung der Informatik in der gesamten Hochschule gesorgt haben. Prof. Nagl war ein Initiator und der langjährige Treiber des Regionalen Industrieclubs Aachen (Regina), durch den die Informatik der RWTH in der Stadt und Region fest eingebunden wurde. Er ist daher eines der wenigen Ehrenmitglieder von Regina. Prof. Nagl ist einer der Hauptautoren der Dagstuhl-Initiative Software Technik gewesen, die eine Denkschrift über die Perspektiven der Disziplin verfasst hat. Schließlich hat Prof. Nagl im Fakultätentag Informatik lange Zeit gewirkt und diesem eine neue Dimension politischer Wirkung verliehen. Insgesamt hat Prof. Nagl dazu beigetragen, dass die Informatik eine hohe Achtung innerhalb der RWTH genießt und durch Kooperationen mit den Ingenieurdisziplinen eine typisch Aachener Prägung erhalten hat.

Der 4ING-Vorsitzende, Prof. Müller von der TU München, stellte den Dachverband 4ING vor, der von Prof. Nagl mit gegründet worden war. Er betonte dabei insbesondere den Einfluss des Verbands auf die Entwicklung der Lehre in den technischen Fächern an deutschen Universitäten. Prof. Nagl war als Vorsitzender von 2007 bis 2008 der richtige Mann zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle und hat als Stürmer im 4ING-Team viel bewegt.

Nach den Grußworten gab es erste Überraschungen. Prof. Spaniol trug ein eigens geschriebenes, persönliches Gedicht vor, welches Professor Nagls Leben und Wirken kurz umriss.

Prof. Westfechtel präsentierte ein besonderes Geschenk: Die ehemaligen Schüler von Prof. Nagl sowie internationale Kollegen widmen ihm eine Festschrift, die beim Wissenschaftsverlag Springer erscheinen wird.

Prof. Thomas beleuchtete in seiner Laudatio das Wirken und Wesen von Prof. Manfred Nagl. Zum Werdegang und Wirken beschrieb er die Stationen der Vorgeschichte von Prof. Nagl: Vom Staatsexamen für das Lehramt für Mathematik und Physik über seine Berufstätigkeit bei Siemens bis zur Promotion und Habilitation bei Prof. Schneider an der Technischen Fakultät in Erlangen, in denen er sich mit Graphen und Graphersetzungssystemen sowie einer Methodik zu deren Aufbau befasste. Dadurch war Prof. Nagl in der theoretischen Informatik beheimatet, und er habe diese Verbundenheit nie ganz beseitige gelegt. Er war stets gleichermaßen in Theorie und Praxis zu Hause und hat insbesondere in der Graphgemeinde für einen Ausgleich zwischen der theoretischen und praktischen Sicht gesorgt. Später widmete er sich dann den Themen Programmieren und Softwaretechnik, was insbesondere durch Prof. Nagls wegweisende Bücher über die Programmiersprache Ada und über Softwarearchitekturen deutlich wird.

Bei seiner Berufung an die RWTH im Jahr 1986 wurde Prof. Nagl als ein Vertreter der praktischen Informatik dringend gebraucht. Durch seine und Prof. Spaniols Berufung machte die Informatik einen Sprung nach vorne und wurde in der Folge eine eigenständige Fachgruppe innerhalb der Fakultät. Prof. Nagl hat bei der Entwicklung der Informatik seine eigenen Akzente gesetzt. So wurde die Bedeutung der Programmierungsvorlesung im Studium aufgewertet, die den Erfordernissen für eine industrielle Laufbahn der Absolventen gerecht wurde. Prof. Nagl hat die Aachener Informatik-Berichte ins Leben gerufen, und im Zuge dessen auch die Erstellung von Jahresberichten der Fachgruppe seit 1986. Damit war die Informatik den anderen Fächern und ihrer Zeit im Hinblick auf Berichtspflicht weit voraus. Prof. Nagl warb über viele Jahre Stipendien für herausragende Studenten von Unternehmen ein, die jährlich auf dem Tag der Informatik verliehen wurden und gab viele weitere Impulse. Auf die fachlichen Leistungen Prof. Nagls ging Prof. Thomas nicht im Einzelnen ein, sondern verwies auf die Ergebnisse des SFB und die Ausstrahlung der Forschungsarbeit von Prof. Nagl auf drei Bereiche, die in den folgenden Fachvorträgen im Einzelnen beleuchtet wurden.

Prof. Thomas beschrieb daraufhin auch einige Aspekte des Wesens von Prof. Nagl in "nur einen Halbsatz", womit er ein Zitat von Prof. Nagl aufgriff. Prof. Nagls persönliche Eigenschaften entsprechen durchaus denen der Softwaresysteme, die er entwickelt habe: Hoch komplex, aber sehr gut strukturiert, sehr robust, extrem zuverlässig, effizient, dynamisch und adaptiv. Prof. Nagls besondere Eigenschaft war es immer, Visionen zu entwickeln und mit stetigem Blick auf das Machbare auszuarbeiten, und zwar mit einer Energie und einem Stehvermögen, dass alle Widerstände nach und nach zur Seite gedrängt wurden. Er hat die Fähigkeit, zu insistieren und unnachgiebig auf dem Wesentlichen zu beharren und kann daher durchaus im positiven Sinne als "freundliche Nervensäge" beschrieben werden. Prof. Nagl ist ein gutes Beispiel der aussterbenden Art eines C4-Professors, der sich viele hohe Ziele selbst gesetzt und auch erreicht hat. So eine Persönlichkeit sei nicht steuerbar und sollte auch nicht gesteuert werden. Prof. Nagls politisches Wirken im Rahmen des Fakultätentags Informatik und von 4ING zeigt dies deutlich. Als Kollege war Prof. Nagl stets ein gutes Teammitglied. Insbesondere hat er die Fähigkeiten eines Trainers von der Art, die jedem seiner Spieler in Einzelgesprächen beibringt, dass es im nächsten Spiel auf ihn und nur auf ihn ankommt, was die Mannschaft dann zu ungeahnten Höhenflügen bringt. So war er in der Fachgruppe, Fakultät und Hochschule ein Führungsspieler mit Trainertalent, in einem Team, das ihm am Herzen liegt. Viele Siege sind seinen Spielideen und Toren zu verdanken. In der Rolle des Trainers ist Prof. Nagl auch nach seiner Emeritierung weiterhin dabei, und so bewahrheite sich erneut das Zitat "Nach dem Spiel ist vor dem Spiel".

In den Fachvorträgen im Rahmen der Festveranstaltung beleuchteten drei akademische Nachkommen von Prof. Nagl die Ausstrahlung seiner Forschung auf drei verschiedene Bereiche der Softwaretechnik: Prof. Schäfer von der Universität Paderborn stellte aktuelle Entwicklungen im Bereich der Software-Entwicklungsprozesse und ihrer Unterstützung durch Werkzeuge vor. Er erläuterte, wie grundlegende Ideen des IPSEN-Projekts sich auch heute dort wiederfinden. Prof. Lewerentz von der BTU Cottbus stellte neue Ansätze zur Darstellung und Analyse komplexer Softwarearchitekturen vor und ging auf die Verbindung zu Prof. Nagls grundlegenden Arbeiten in diesem Gebiet ein. Prof. Schürr von der TU Darmstadt hielt einen Vortrag über modellgetriebene Softwareentwicklung, und wie dabei Graphersetzungssysteme gewinnbringend eingesetzt werden können.

Prof. Kowalewski überreichte das Geschenk der Fachgruppe Informatik: einen Opernbesuch in der Wiener Staatsoper für zwei Personen inklusive Flug und Übernachtung.

Die derzeitigen Mitarbeiter von Prof. Nagl, die Mitarbeiter von Prof. Rumpe, so wie viele der ehemaligen Mitarbeiter machten Prof. Nagl viele weitere Geschenke. Darunter waren Gutscheine, die auf verschiedene seiner Hobbies zielen, wie ein Theater-Gutschein, ein Thermalbad-Gutschein und ein Lexikon der Architektur. Diverse Fotosammlungen als Andenken an die vergangenen Jahre am Lehrstuhl waren ebenso Teil des Geschenks wie ein Poster mit dem Stammbaum aller akademischen Nachfahren von Prof. Nagl.

Eine weitere Überraschung bestand in einer Kabarett-Einlage von Prof. Spaniol, in der er insbesondere die Arbeit im SFB 476 karikierte.

In seiner Ansprache bedankte sich Prof. Nagl bei den Vortragenden und Gästen. Er versuchte, das Lob das ihm zu Teil wurde, zu relativieren. Er hat in seinem Leben auch viel Glück gehabt und so ist einiges auch dem Zufall zu verdanken. Die Segnungen seiner Familie seien nicht planbar gewesen. Sein Werdegang sei ebenfalls von vielen unvorhersehbaren Ereignissen positiv beeinflusst worden. Prof. Nagl beschrieb in groben Zügen die wichtigsten Stationen und Begegnungen seiner Karriere. Chancen im Leben ergeben sich unerwartet, es gelte aber, diese auch zu ergreifen. Nach einigen Dankesworten an die Vertreter der verschiedenen vertretenen Gruppen und Organisationen sowie der ehemaligen und jetzigen Mitarbeiter schloss er mit der Ankündigung, auch weiterhin aktiv bleiben zu wollen.

Mit einem Sektempfang klang die Veranstaltung aus.

Am Abend fand ein Empfang und ein Essen im Saal des alten Kurhauses in der Aachener Innenstadt statt.

Bei dieser Gelegenheit hielt Prof. em. Dr. Oberschelp eine kurze Ansprache. Die Berufung von Prof. Nagl als Vertreter der praktischen Informatik hat in der Fakultät damals nur deshalb erfolgreich durchgebracht werden können, da er auch einen starken Hintergrund in der Graphentheorie und damit in der theoretischen Informatik vorweisen konnte. Eine weitere Anekdote besagte, dass Prof. Nagl nach seiner Antrittsvorlesung von den Studenten als "englischer Lord" bezeichnet worden sei.

Prof. Spaniol trug ein weiteres Gedicht vor, welches er für diesen Anlass geschrieben hatte.

Schließlich hatten die Assistenten des Lehrstuhls noch eine Präsentation mit Fotos aus Prof. Nagls Leben vorbereitet, die er spontan und persönlich kommentierte.